Transaktionsanalyse (TA)
Inhalt
1. Einführung
Die Transaktionsanalyse, abgekürzt TA, wurde von dem kanadischen Psychiater Eric Berne (1910-1970) entwickelt. „Dieses Konzept der Einzel- und Gruppenpsychotherapie fasst menschliches Handeln und Fühlen als Ausdruck wechselnder Ich-Zustände (Eltern-, Erwachsenen-, Kindheits-Ich) auf und führt die zwischenmenschlichen Beziehungen auf Transaktionen (Austauschprozesse) zwischen Sender und Empfänger zurück. Konflikte können sich ergeben, wenn diese Transaktionen nicht auf der Ebene empfangen werden, auf der sie gesendet wurden.“[1]
2. Hintergründe
Berne, ursprünglich Anhänger der Psychoanalyse von Freud, erkannte in seiner Tätigkeit als Arzt, dass die Psychoanalyse vor allem in Bezug auf die notwendige Zeit bis hin zu messbaren Ergebnissen wenig praktikabel war.
Auch die Intuition und Beobachtungsgabe des Arztes waren in der Psychoanalyse weniger gefragt. Dies führte Berne zu einer praxisorientierten Arbeitsweise mit seinen Patienten, in der er sich stärker auf die Person einstimmte und sie als ganze Persönlichkeit wahrnahm.
Vor diesem Hintergrund entwickelte er die Transaktionsanalyse.
3. Grundannahmen der Transaktionsanalyse
Berne entdeckte drei Grundzustände der Persönlichkeit, die ähnlich, wie bei Freud im Zusammenhang wirken.
3.1 Eltern-Ich-Zustand
Bei diesem Zustand handelt es sich um erlernte Verhaltensweisen und Glaubenssätze, die eine Person von ihren Eltern oder anderen Autoritätspersonen übernommen hat. Er repräsentiert die internalisierte Stimme der Eltern.
3.2 Erwachsenen-Ich-Zustand
Dieser Zustand repräsentiert das rationale, sachliche Denken und ist für die Informationsverarbeitung verantwortlich.
3.3 Kind-Ich-Zustand
In diesem Zustand werden Gefühle und Verhaltensmuster sichtbar, die aus der Kindheit stammen. Der Zustand lässt sich an emotionalen Reaktionen auf die äußere Umgebung erkennen.[2]
4. Definition Transaktion
Da diese Zustände in jedem Menschen auftreten, ergeben sich daraus wichtige Schlussfolgerungen für gemeinsame Gespräche, Interaktionen und Beziehungen, die Berne Transaktionen nennt.
Er definiert sie als die Interaktionen zwischen den Ego-Zuständen von zwei oder mehreren Personen. Diese können entweder komplementär sein (gleiche Ego-Zustände) oder gekreuzt (unterschiedliche Ego-Zustände). Die Art der Transaktionen beeinflusst die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen.
Berne bezieht sowohl Spiele, verstanden als Transaktionen mit verdeckten Motiven, als unproduktive Muster von Interaktionen ein, als auch unbewusste Lebenspläne, so genannte Skripte, die die Entscheidungen und das Verhalten beeinflussen.
5. Interaktionsmuster
Vor dem Hintergrund der Transaktionsanalyse lassen sich Interaktionsmuster erkennen und aufdecken, die an vier Lebenshaltungen gebunden sind.
5.1 Ich bin nicht o.k.- Du bist o.k.
Sie beruht auf den Realitätseinschätzungen des Kindes, das in seinen Eltern, diejenigen sieht, die ihm zur Seite stehen und helfen, weil es so viele Dinge nicht oder noch nicht kann. Gleichzeitig ist es ein Spiegelbild für den großen Wunsch, anerkannt zu werden.
5.2 Ich bin nicht o.k. – Du bist nicht o.k.
Diese zweite Phase ergibt sich, wenn das Kind sich seiner wachsenden Selbständigkeit bewusst wird und immer wieder Ablehnung oder Kritik erfährt. Wenn dann auch der Drang nach Anerkennung und Geborgenheit nicht gewährleistet werden kann, entwickelt sich das Bild: Ich bin zwar nicht o.k, doch Du bist es auch nicht. Dies bezieht sich dann meist nicht nur auf einen, sondern auf alle Menschen und prägt die Kommunikation und Interaktion ein Leben lang.
5.3 Ich bin o.k. – Du bist nicht o.k.
Wenn das Kind in der zweiten Phase lang genug verharren muss, dann geht es zu dieser Lebenseinstellung über – häufig anzutreffen bei seelisch oder auch körperlich misshandelten Kindern. Die Sichtweise des Kindes dient dazu, nicht zu verzweifeln und hat damit eine existenz- bzw. überlebenssichernde Schutzfunktion. Gleichzeitig gelingt es dem Kind nicht mehr nach innen zu schauen und zu erkennen, dass nicht nur die Anderen „Schuld“ haben, sondern es selbst auch einen Beitrag zur Interaktion leistet.
5.4 Ich bin o.k. – Du bist o.k.
Diese Anschauung beruht auf einer bewussten Entscheidung, die von gegenseitiger Wertschätzung und Achtung geprägt ist.
Diese ersten drei Interaktionsmuster sind in der Kindheit erworbene Grundmuster und beruhen auf der Frage des „Warum?“
Aus diesen Lebensauffassungen heraus, die das gesamte Leben hinweg unbewusst wirken, werden individuell Situationen analysiert sowie Beziehungen und Interaktionen gestaltet als auch bewertet.
Die vierte Anschauung unterscheidet sich vor allem dadurch, dass sie die einzige ist, für die der Mensch sich bewusst entscheidet. Sie beruht sowohl auf Gefühlen als auch einem permanent bewussten Reflektieren und Denken sowie der Frage des „Warum nicht?“[3]
6. Einsatzgebiete
Damit bietet die Transaktionsanalyse ein vielfältiges Repertoire an Werkzeugen und Modellen, um individuelle und zwischenmenschliche Verhaltensmuster zu verstehen und zu verändern. Sie kann in der Psychotherapie zur Behandlung von psychischen Problemen, zur Selbstentwicklung, zur verbesserten Kommunikation in zwischenmenschlichen Beziehungen und zur Verbesserung von Gruppendynamiken verwendet werden.
Auch in der pädagogischen Arbeit in Kinder- und Jugendeinrichtungen kommt der Transaktionsanalyse eine besondere Relevanz zu, um bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Interaktionsmuster zu erkennen und aufzudecken.
Autor
Dr. Ria Nolte
Dr. Ria Nolte ist Lehrerin, Podcasterin und Bildungscoach. Sie macht Kleinen und Großen Mut, ihre Stärken zu finden sowie stolz ihr Leben zu gestalten.
Herausgeberin & Autorin der Knowledge Base
Die mehrfach ausgezeichnete Unternehmerin und Bestseller-Autorin Dr. phil. Yasemin Yazan ist promovierte Erwachsenenbildnerin und Neurowissenschaftlerin mit fundiertem Praxis-Know-How.
Literaturangaben:
[1] Der Brockhaus Psychologie (2001): Fühlen, Denken und Verhalten verstehen. Herausgegeben von der Lexikonredaktion des Verlags F. A. Brockhaus. Mannheim. Leipzig. Stichwort: „Transaktionsanalyse“. S. 623.
[2] Vgl. Eric Berne (2006): Die Transaktions-Analyse in der Psychotherapie. Eine systematische Individual- und Sozial-Psychiatrie. Paderborn.
[3] Vgl. Harris, Thomas A. (2010): Ich bin o.k. – Du bist o.k. Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können – Eine Einführung in die Transaktionsanalyse. 44.Aufl. Reinbek bei Hamburg.