Feedback geben und nehmen

1. Feedback und seine Relevanz
Lass uns auf ein paar Grundlagen eingehen, bevor wir uns die Feedback-Regeln anschauen. Starten wir damit, warum Feedback wichtig ist…
1.1 Blinde Flecken
Wir alle haben blinde Flecken! Du kannst es mit dem Autofahren vergleichen. Es gibt einige Punkte, die du nicht sehen kannst. Wenn du das nicht weißt, wirst du eines Tages einen Unfall bauen. Wenn du den Bereich kennst, der außerhalb deines Blickfeldes liegt, kannst du eine Lösung für diese Herausforderung finden. Bedeutet: Wenn du dir dieses toten Winkels bewusst bist, kannst du dir selbst helfen, entweder mit einem Schulterblick, mit technischen Hilfsmitteln oder Geräten wie einem Autopiloten, mit einer manuellen Hilfe wie einem Verkehrsspiegel oder du kannst jemanden bitten, dir zu helfen – einen Menschen.
Ähnlich verhält es sich mit unserem Verhalten: Wir alle haben blinde Flecken, derer wir uns nicht bewusst sind. Um das zu verstehen, müssen wir einen Blick auf die 4 Stufen des Lernens werfen oder wie wir neue Fähigkeiten erwerben:
a) Unbewusste Inkompetenz
Auf der ersten Stufe befinden wir uns im Bereich der unbewussten Inkompetenz. Wir haben einen blinden Fleck, den wir selbst nicht sehen können.
b) Bewusste Inkompetenz
Wenn wir nun Feedback von außen erhalten, erreichen wir die Stufe der bewussten Inkompetenz. Denn wir wissen jetzt, dass wir etwas nicht gut können, aber wir haben die Herausforderung noch nicht angenommen und gelöst.
c) Bewusste Kompetenz
Wenn wir uns nun entscheiden, mit Training an diesem Aspekt zu arbeiten, dann erreichen wir die nächste Stufe, die bewusste Kompetenz. Denn jetzt nutzen wir bestimmte Dinge regelmäßig, um das zu trainieren, was wir nicht gut können. Es gelingt uns nicht immer und es ist anstrengend, weil wir uns darauf konzentrieren müssen, um keine Fehler zu machen. Es gelingt uns noch nicht immer, aber wir werden immer besser.
d) Unbewusste Kompetenz
Wenn wir sie oft genug geübt haben, erreichen wir die höchste Stufe des Lernens, die unbewusste Kompetenz. Wir haben gelernt, die neue Fähigkeit anzuwenden, ohne darüber nachzudenken. Es ist also zur Routine geworden.
Wenn du Entscheidungen darüber triffst, was du lernen willst, beginnst du immer auf Stufe 2 (bewusste Inkompetenz). Du weißt, dass du etwas nicht kannst, aber du willst es lernen.
Ohne Feedback bist du nicht in der Lage, Stufe 1 (unbewusste Inkompetenz) zu erkennen, weil du nicht weißt, dass du etwas nicht kannst oder nicht gut kannst. Wenn du also an den Punkten arbeiten willst, die für dich nicht sichtbar sind, brauchst du Feedback.
Feedback ermöglicht es uns, blinde Flecken auf der ersten Stufe des Lernens, der unbewussten Inkompetenz, aufzudecken, und das gibt uns die Möglichkeit, bei Bedarf daran zu arbeiten, so dass wir unser Verhalten und unsere Fähigkeiten durch Training und Lernen von der Stufe der unbewussten Inkompetenz zur Stufe der unbewussten Kompetenz entwickeln können.
1.2 Unterschiedliche Wahrnehmungen
Wir alle haben unterschiedliche Wahrnehmungen. Das liegt daran, dass wir Dinge unterschiedlich sehen, fühlen, schmecken, hören und riechen. Dieselbe Situation wird daher völlig unterschiedlich erlebt und bewertet.
Fast immer nehmen wir in ein und derselben Situation völlig unterschiedliche Dinge wahr. Das sind keine Ausnahmen, sondern die Regel.
Denke daran, dass sich unsere Selbstwahrnehmung und die Wahrnehmung einer Situation von der Wahrnehmung anderer unterscheiden. Wenn wir darüber sprechen, was wir sehen, hören, riechen usw., Fragen zu der Situation stellen usw., dann können wir auch andere Wahrnehmungen erkennen und verstehen.
Feedback befähigt uns, verschiedene Wahrnehmungen zu sehen und zu verstehen, d. h. Zugang zu verschiedenen Perspektiven zu bekommen.
1.3 Vier Seiten einer Nachricht von Schulz von Thun
Im Alltag senden und empfangen wir eine Menge Nachrichten. Jede davon hat laut Schulz von Thun 4 Seiten:
- Sachinhalt: Worüber ich informiere
- Selbstkundgabe: Was ich von mir zu erkennen gebe
- Beziehung: Was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe
- Appell: Was ich bei dir erreichen möchte
Was wir wissen müssen, ist, dass nicht die Nachricht selbst die 4 Seiten hat. Wir sind es, die die Nachricht mit 4 Schnäbeln aussenden. Und wir sind es auch, die die Nachricht mit 4 Ohren empfangen. Die Nachricht selbst hat nur einen Sachinhalt, doch durch den Sender und Empfänger wird sie quasi „eingefärbt“, je nachdem, was ich über mich selbst denke, wie ich zu meinem Gegenüber stehe und welche Botschaft ich übermitteln will. Oft benutzen wir auch die gleichen Worte, meinen oder verstehen jedoch unterschiedliche Dinge, ohne es zu merken. Das liegt daran, dass wir Nachrichten und Wörtern
unterschiedliche Bedeutungen beimessen. Zum Beispiel können Wörter wie Loyalität, Vertrauen usw. für eine Person etwas ganz anderes bedeuten als für eine andere.Wenn wir nicht nach der Bedeutung von Begriffen fragen, lernen wir nichts über die verschiedenen Erfahrungen und Sichtweisen. Wir gehen davon aus, dass wir über dieselbe Sache sprechen, aber das ist meistens nicht der Fall.
Zudem entstehen durch Erzählungen meines Gegenübers innere Bilder, die ich mit dem Gesagten assoziieren, auch dann, wenn die Nachricht bestimmte Informationen gar nicht enthielt. Wen uns z. B. jemand erzählt, dass er gerade von einem Spaziergang mit seinem Hund zurückgekehrt ist, entsteht bei uns ein inneres Bild zur Umgebung, in der der Spaziergang stattgefunden hat und auch welche Rasse und Farbe der Hund hat, obwohl wir den Hund noch nie gesehen haben und unser Gegenüber keine detaillierten Angaben hierzu gemacht hat.
Unser Gehirn erzeugt also Bilder, die auf unseren früheren Erfahrungen basieren. Während der Sender das Gefühl hat „Ich habe alles gesagt“, hat der Empfänger auch das Gefühl „Ich habe alles verstanden“. In Wirklichkeit sprechen wir nicht dieselbe Sprache, obwohl wir die gleiche Sprache sprechen. Unsere Nachrichten, Appelle usw. können nicht 1 zu 1 übertragen werden. Aber durch Nachfragen, Konkretisieren, Zusammenfassen usw. können wir uns dem gegenseitigen Verständnis annähern.
Angelehnt an Schulz von Thun haben Nachrichten 4 Seiten. Wir versenden Nachrichten mit 4 Schnäbeln. Wir empfangen Nachrichten mit 4 Ohren. Wir nutzen exakt dieselben Worte, meinen und verstehen jedoch oft völlig unterschiedliche Dinge, ohne es zu realisieren. Feedback stärkt das gegenseitige Verständnis und ermöglicht es, potenzielle Konflikte durch klare und transparente Kommunikation im Keim zu ersticken.
1.4 Wirklichkeitskonstruktionen
Das führt uns zum nächsten Punkt, nämlich der Konstruktion unserer Wirklichkeit: Wir bewerten alle Informationen und Reize in unserem Gehirn auf der Grundlage früherer Erfahrungen mit Emotionen.
Betrachten wir z. B. ein Bild und versuchen wiederzugeben, was wir sehen, wird bei genauerer Betrachtung deutlich, dass wir sofort anfangen zu bewerten und zu interpretieren. Uns Gehirn greift gespeicherte Informationen aus Vorerfahrungen ab und vervollständigt die Bilder, die wir sehen. Sehe ich eine Person, die lächelt, gehe ich möglicherweise davon aus, dass sie glücklich ist. Faktisch sehe ich jedoch eine lächelnde Person. Das, was danach kommt, ist bereits eine Weiterverarbeitung meines Gehirns.
Alle zugänglichen Informationen werden also auf der Grundlage unserer bisherigen Erfahrungen zusammengeführt und ergänzt. Da wir unterschiedliche Vorerfahrungen haben, fallen auch die Interpretationen unterschiedlich aus, obwohl wir alle auf das gleiche Bild schauen. Je länger wir das Bild betrachten, desto mehr Optionen werden wir sehen.
Abhängig von unseren bisherigen Erfahrungen, unserem Alter, unserer Kultur, unserem Geschlecht und so weiter, sieht jeder von uns durch seine eigene Brille. Diese Brille ist wie ein Filter, der alles individuell interpretiert und bewertet.
Durch diese Brille erschaffen wir unsere subjektive Wirklichkeit und denken oft, dass diese subjektive Wirklichkeit eine objektive Wahrheit darstellt – aber das tut sie nicht.
Wenn wir es genau betrachten, ist selbst der Umstand, dass eine Kombination von Ziffern und Zeichen ein bestimmtes Ergebnis ergibt, nur eine Übereinkunft, keine Tatsache. Wir haben uns darauf geeinigt, dass 1+5 die Summe von 6 ergibt. Wenn wir es anders definieren würden, kämen wir zu einem anderen Ergebnis. Auf dieser Grundlage würden wir richtig und falsch unterschiedlich bewerten.
Es lässt sich sogar darüber streiten, ob es überhaupt eine objektive Wahrheit gibt, denn neben der Tatsache, dass wir immer unsere eigene Wirklichkeit konstruieren, haben wir uns im Sinne der Verständigung auf bestimmte Dinge geeinigt, die wir inzwischen für selbstverständlich halten. In anderen Kulturen können dies jedoch ganz andere Übereinkünfte sein. Manchmal sind sie sogar völlig widersprüchlich: Während es in manchen Kulturen als unhöflich gilt, beim Essen zu rülpsen, wird es in anderen Kulturen als Beleidigung angesehen, dies nicht zu tun. Doch auch objektive Wahrheit, die sich auf Faktenwissen begründet, lässt sich insofern in Frage stellen, dass sich faktisches Wissen auch durch neue Erkenntnisse verändern kann und nicht statisch ist. D. h. das, was wir heute für wahr halten, weil faktisch begründet, kann schon morgen durch neue valide Erkenntnisse neue Wahrheiten kreieren.
Lass uns also festhalten: Wir bewerten alle Informationen und Reize in unserem Gehirn auf der Grundlage früherer Erfahrungen mit Emotionen. Es lässt sich darüber streiten, ob es überhaupt eine objektive Wahrheit gibt. In jedem Fall konstruieren wir unsere eigene subjektive Wirklichkeit. Je mehr Feedback du bekommst, desto besser kannst du den Inhalt des Feedbacks vergleichen. Du musst dir nicht jedes Feedback ansehen, aber wenn sich bestimmte Aspekte wiederholen, dann lohnt es sich, diesen Aspekt genauer zu betrachten. Häufiges Feedback ermöglicht es uns also, Muster zu erkennen und zu durchbrechen.
1.5 Resümee & Ausblick
Jetzt verstehst du vielleicht, warum es nicht nur ein Feedback ist – Feedback ist ein Geschenk. Und es ist die Grundlage für eine vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Eine implemetierte Feedback-Kultur trägt zunehmend zu einer klaren und transparenten Kommunikation bei. Nicht nur in der Feedback-Situation selbst, sondern auch in Meetings und Projekten werden die erlernten und trainierten Fähigkeiten eingesetzt, zunächst bewusst, später unbewusst.
Nach einiger Zeit entsteht eine Vertrauenskultur, die für eine erfolgreiche Zusammenarbeit wichtig ist, auch über zwischenmenschliche Beziehungen und über Teams hinaus.
Denn ein Unternehmen besteht aus vielen Kulturen. Es gibt nicht eine einzige Unternehmenskultur, sondern viele Subkulturen. Jedes Team, jede Abteilung, jede Geschäftseinheit hat ihre eigene Kultur. In diesem Sinne ist nicht nur das Unternehmen selbst ein System, sondern es besteht auch aus vielen anderen Subsystemen.
Wir betrachten also die Ebene des Einzelnen, die der Sub-Systeme und die eines übergeordnete Ganzen: Das Unternehmen als System.
Durch Selbstreflexion, Verantwortung und lebenslanges Lernen trägt jeder einzelne nicht nur zur eigenen Entwicklung bei, sondern auch zur Entwicklung des eigenen Teams durch die Interaktion innerhalb des Teams und zur Entwicklung des Unternehmens durch die Interaktion mit anderen Teams. So trägt jeder Einzelne die Verantwortung für den Erfolg oder Misserfolg von Feedback, von Kommunikation, von kultureller Entwicklung und folglich auch für das Erreichen oder Nichterreichen der gemeinsamen Unternehmensziele. Also: Jeder Einzelne trägt Verantwortung und ist gleichzeitig auch in der Lage, etwas zu verändern, und trägt so maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens bei.
All diese Aspekte sind der Grund, warum Feedback ein Geschenk ist. Die Voraussetzung dafür ist, dass das Feedback nicht spontan oder impulsiv gegeben wird, sondern in einem ausreichenden Rahmen professionell vorbereitet und durchgeführt wird.
Was genau die relevanten Einflussfaktoren sind, die ein professionelles Feedback ausmachen, damit es sich wirklich als Geschenk entfalten kann – darauf konzentrieren wir uns im nächsten Schritt.
2. Feedback geben und nehmen
Schauen wir uns an, welchen Rahmen man braucht, wie man Feedback gibt und nimmt und gehen dann auf einige Beispiele für DOs und DON’Ts ein.
2.1 Rahmenbedingungen für Feedback
Neben bestimmten Regeln, wie man richtig Feedback gibt und nimmt, gibt es einige Aspekte, die mit dem Rahmen zu tun haben, der bei jedem Feedback berücksichtigt werden muss. Dazu gehören Regelmäßigkeit, zeitlicher Rahmen, Setting, Haltung, Freiwilligkeit und Formulierung.
- Regelmäßigkeit: Feedback muss regelmäßig stattfinden, um sicherzustellen, dass es nicht dazu missbraucht wird, nur Probleme/Konflikte anzusprechen.
- Zeitlicher Rahmen: Das Feedback muss zeitnah zum Ereignis (der Sitzung, dem Projekt, der Zusammenarbeit) erfolgen, damit sich Sender und Empfänger an konkrete Beispiele erinnern können.
- Setting: Feedback findet immer unter vier Augen statt. (Auch wenn du etwas im Team teilen möchtest, z.B. um einen Prozess zu optimieren, solltest du zuerst ein Einzelgespräch führen. In diesem Vier-Augen-Gespräch kannst du mit der Person auch besprechen, was du im Team teilen möchtest, um Prozesse zu optimieren oder ähnliches. Nach dem Einzelgespräch kannst du es gemeinsam mit der Person im Team besprechen. Auf diese Weise erhöhst du die Wahrscheinlichkeit, dass der Mitarbeiter/Kollege dich unterstützt und dir nicht aus Wut in den Rücken fällt).
- Haltung: Die Haltung von Feedback ist Wertschätzung, die immer mit Respekt und Wohlwollen verbunden ist und sich in Freundlichkeit, Interesse, Aufmerksamkeit und Herzlichkeit ausdrückt. Außerdem gehören Offenheit, Empathie und Authentizität dazu.
- Freiwilligkeit: Die Bereitschaft für Feedback muss vorhanden sein, denn Feedback ist ein Angebot, keine Anweisung. Ohne Bereitschaft, keine Veränderung. Ein erzwungenes Feedbackgespräch ist genauso effektiv wie kein Gespräch.
- Formulierung: Die Sprache des Feedbacks ist die sachliche Ebene. Verwende Ich-Botschaften mit konkreten Beispielen für die Verständlichkeit (keine Interpretation der Situation oder Bewertung der Person).
Hinweis: Unabhängig davon, ob du ein Feedback-Geber oder -Empfänger bist, solltest du immer auf diesen Rahmen achten. Als Feedback-Empfänger hast du auch das Recht, diesen Rahmen für dich einzufordern. Wenn dich zum Beispiel jemand zwischen zwei Besprechungsterminen mit schnellem Feedback überrascht, bedanke dich freundlich und schlage vor, einen Termin zu vereinbaren, damit du dich auch geistig und emotional darauf einstellen kannst.
2.2 Feedback geben
Es gibt immer eine klare Struktur für das Geben von Feedback:
2.2.1 Positiver Start
Beginne immer positiv. Die Haltung ist Wertschätzung. (Denk daran: Wertschätzung ist immer mit Respekt und Wohlwollen verbunden und äußert sich in Freundlichkeit, Interesse, Aufmerksamkeit und Herzlichkeit). Du solltest also mit Aspekten beginnen, die dir gefallen haben. Du kannst eine Formulierung verwenden wie: „Was mir besonders gefallen hat, war xyz.“
2.2.2 Hauptteil
Im Hauptteil unterscheidet man nach
a) objektive Standards (Regularien, Gesetze, Vorgaben im Unternehmen)
Natürlich ist Feedback immer subjektiv, aber du kannst auch objektive Standards verwenden, auf die ihr euch vorher geeinigt habt. Dabei geht es um Regularien, Gesetze oder Vorgaben im Unternehmen, die eingehalten werden müssen, wie festgelegte Prozesse, Richtlinien, Betriebsvereinbarungen und so weiter. Hier sind einige Beispiele für mögliche Formulierungen:
- Diesen Prozess müssen wir einhalten, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen/datenschutzkonform zu sein etc.
- Wir haben uns im Team darauf geeinigt, dass wir pünktlich zu Terminen erscheinen, die Tassen in die Spülmaschine einräumen etc.
- Unser Workflow/Arbeitsablauf erfordert, dass bestimmte Informationen zur reibungslosen Abwicklung eingeholt werden etc.
b) Subjektives Empfinden (Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch)
Da das Feedback ein subjektives Empfinden des Feedbackgebers widerspiegelt und keine objektive Wahrheit darstellt, ist es wichtig, dass die Formulierung genau diese Umstände widerspiegelt. Damit dies gelingt, wird ein 3-stufiger Ansatz verwendet, der aus Wahrnehmung, Wirkung und Wunsch besteht.
ba) Wahrnehmung
Um auszudrücken, dass es sich um deine eigene Wahrnehmung handelt, solltest du deine Sätze mit einleitenden Ausdrücken beginnen, wie z.B:
- „Mir ist aufgefallen, dass …“
- „Ich konnte beobachten, dass …“
bb) Wirkung
Der zweite Schritt besteht darin, deinem Gegenüber mitzuteilen, welche Auswirkungen diese Situation oder dieses Verhalten auf dich hatte. Du kannst zum Beispiel die folgenden einleitenden Ausdrücke verwenden:
- „Für mich bedeutet das …“
- „Ich fühle mich …“
bc) Wunsch
Im dritten Schritt teilst du deinen Wunsch für die Zukunft mit. Auf diese Weise kannst du eine neue Option vorstellen, ohne sie deinem Gegenüber als die einzig richtige aufzudrängen. Selbst wenn die Option, die du genannt hast, noch nicht die bevorzugte Option deines Gegenübers ist, wird der Feedback-Empfänger jetzt anfangen, darüber nachzudenken und automatisch gedanklich nach anderen Optionen zu suchen. Verwende für diesen Schritt einleitende Ausdrücke wie:
- „Ich wünsche mir …“
- „Ich möchte dich bitten …“
2.2.3 Positiver Abschluss (Highlights, Danksagung)
Schließe das Gespräch mit einem positiven Abschluss ab. Du kannst Highlights erwähnen und Danksagungen verwenden wie:
- „Abschließend möchte ich noch einmal besonders hervorheben, dass …“
- „Ich freue mich darauf…“
2.3 Feedback nehmen
Viele Menschen denken, dass nur der Feedback-Geber Regeln zu befolgen hat, aber es gibt auch ganz klare Regeln für den Feedback-Empfänger. Diese sind:
- Haltung der Dankbarkeit: Sieh Feedback als Geschenk, nimm es dankbar an und betrachte es als Chance.
- Höre aktiv zu und stelle bei Bedarf Fragen zum Verständnis. Du kannst Ausdrücke verwenden wie:
- „Nennst du mir bitte eine konkrete Situation/ein konkretes Beispiel, damit ich xy besser nachvollziehen kann?“ (Ebene der Wahrnehmung)
- „Was genau hat bei dir den Eindruck entstehen lassen, dass xyz?“ (Ebene der Wirkung)
- „Hast du eine konkrete Idee, wie ich xyz beim nächsten Mal besser machen kann?“ (Ebene des Wunsches)
- Keine Verteidigung oder Rechtfertigung. Vermeide Formulierungen wie:
- „Ja, aber das habe ich nur gemacht, weil …“
- „Das machen wir doch immer so.“
- Bedanke dich beim Feedbackgeber für seine Offenheit und fasse in deinen eigenen Worten zusammen, was du verstanden hast.
- „Vielen Dank für deine Rückmeldung. Ich habe xyz verstanden. (Gerne nehme ich abc für mich mit, um noch mal darüber nachzudenken/daran zu arbeiten).“
2.4 DOs & DON’Ts
Unabhängig davon, ob du ein Feedbackgeber oder -empfänger bist:
An einer Kommunikation sind immer mindestens zwei Parteien beteiligt. Du trägst also auch dazu bei, ob das Gespräch in einer Atmosphäre des Widerwillens, der Angst, der Wut und Traurigkeit oder der Freude stattfindet.
Deshalb solltest du dir als Feedbackgeber und -empfänger die folgenden DOs und DON’Ts für Feedbackgespräche zu Herzen nehmen.
2.4.1 DON’Ts
Schauen wir uns zuerst an, was wir nicht tun sollten: DON’Ts sind Du-Botschaften mit Schuldzuweisung. Auf dein Gegenüber haben sie die Wirkung eines ausgestreckten Zeigefingers. Diese Du-Botschaften lassen sich wie folgt einteilen:
- Bewertung: „Das siehst du falsch.“
- Belehrung: „Da hättest du halt mal zuhören müssen.“
- Befehl: „Du musst halt einfach mehr mitdenken.“
- Verallgemeinerung: „Du übernimmst nie irgendwelche Zusatzaufgaben.“
- Unterstellung: „Das ist ja wieder typisch für dich.“
- Ironie/Sarkasmus: „Interessante Idee – wenn man bedenkt, dass sie von dir kommt.“
- Ausfragen: „Warum hast du eigentlich diese Informationen weitergegeben?“
Hinweis: Vermeide Ausdrücke wie „aber“, denn alles, was du vorher gesagt hast, wird dadurch revidiert.
2.4.2 DOs
DOs sind Ich-Botschaften, die deinem Gegenüber klar signalisieren, dass dies deine Wahrnehmung als Feedbackgeber ist. Sie sind wohlwollend und treiben dein Gegenüber nicht in die Enge. Hier sind einige Beispiele für mögliche Formulierungen:
Beschreibungen der eigenen Sichtweise:
- „Das sehe ich anders.“ (statt: „Das sehen Sie falsch.“)
- „Das habe ich anders verstanden.“ (statt: „Da haben Sie sich unklar ausgedrückt.“)
Verwende konkrete Beispiele, um deinen Standpunkt zu veranschaulichen:
- „Die Situation xyz hatte die Wirkung von abc auf mich“. (Anstelle von: „Du hast/du warst xyz.“)
2.5 Schlussfolgerung: Feedback geben und nehmen
Stelle sicher, dass du den richtigen Rahmen für Feedback hast. Das zeigt Wertschätzung und schafft eine gute Atmosphäre, noch bevor das Gespräch beginnt.
Feedback ist subjektiv. Betrachte Feedback daher als Angebot und nicht als Anweisung.
Verwende Ich-Botschaften und vermeide Du-Botschaften. Sei konkret mit Beispielen.
Setze das Geben und Nehmen von Feedback in deiner täglichen Arbeit um. Je mehr du übst, desto schneller wirst du die Ebene der unbewussten Kompetenz erreichen. Habe den Mut, Fehler zu machen. Wir lernen mehr aus unseren Fehlern als aus unseren Erfolgen. Wenn etwas nicht so gelaufen ist, wie du es wolltest, finde heraus, was du beim nächsten Mal besser machen kannst. Und dann tu es einfach.
3. Best Practices
Werfen wir einen Blick auf einige Best Practices, um dir ein paar Ideen zu geben, damit du sofort loslegen kannst:
- Setze Blocker in deinen Kalender für das Geben und Nehmen von Feedback. Sprich Kollegen an, mit denen du regelmäßig zusammenarbeitest, um Feedback zu geben und zu erbitten.
- Legt in der nächsten Teamsitzung gemeinsam fest, welche Verpflichtungen ihr in Bezug auf Feedback eingehen wollt.
- Verwende ein Feedback-Journal, um die Aspekte zu dokumentieren, an denen du arbeitest. Blättere von Zeit zu Zeit zurück, um deine eigenen Fortschritte zu sehen.
- Sprich mit deinem Vorgesetzten und nimm Feedback als messbaren Aspekt in deine jährliche Zielvereinbarung auf.*
- Schaffe Gelegenheiten, Feedback in Rollenspielen zu üben.
*Hinweis: Einige Unternehmen entscheiden sich dafür, Feedback in die jährliche Zielvereinbarung jedes Abteilungsleiters aufzunehmen, und diese wiederum übertragen es auf ihre eigenen Teammitglieder.
Abschließend meine persönliche Botschaft an dich:
Was wir hören, ist oft nur eine Meinung, kein Fakt. Was wir sehen, ist oft nur eine Perspektive, nicht die Wahrheit. Deshalb ist Feedback ein Geschenk, keine Weisheit. Sieh es also wie das vielfältige bunte Angebot eines Blumenladens, indem du selbst entscheidest, welche Blume du dieses Mal für dich mitnehmen möchtest. Sollte dir jedoch immer wieder die gleiche Blume angeboten werden, dann habe den Mut, diese Blume näher zu betrachten – Es wird es höchstwahrscheinlich wert sein.
FAQs
1. Wie oft sollte ich um Feedback bitten?
Es gibt kein richtig oder falsch. Es kommt darauf an. Es kann einmal im Monat oder einmal in der Woche sein. Das Verhältnis zwischen Feedback geben und nehmen sollte ausgewogen sein. Hinweis: Viele Menschen nehmen sich am Anfang zu viel vor und beginnen z.B. mit wöchentlichen Abständen. Nach drei Wochen merken sie, dass es zu viel ist und hören ganz auf. Es ist also besser, sich von Anfang an weniger vorzunehmen, z.B. zunächst ein Mal im Monat, und darauf zu achten, dass du es konsequent und regelmäßig machst. Du erreichst oft mehr, wenn du kleine Schritte machst, die du dann jedoch über einen längeren Zeitraum konsequent durchziehst. Wenn du merkst, dass es gut funktioniert, kannst du die Häufigkeit erhöhen.
2. Wie lange sollte ein Feedbackgespräch dauern?
In der Regel beträgt die Zeit für das Feedback zwischen 30 Minuten und einer Stunde, je nachdem, ob das Feedbackgespräch zwischen den Teammitgliedern oder zwischen dem Teamleiter und einem Mitarbeiter stattfindet. Letzteres dauert in der Regel länger. Was du auf jeden Fall feststellen wirst, ist, dass die Zeit umso kürzer ist, je regelmäßiger du Feedbackgespräche mit derselben Person führst. Durch die Regelmäßigkeit hast du weniger neue Themen und Aspekte, die du in der Sitzung erwähnen willst.
3. Mein Vorgesetzter gibt mir kein Feedback, auch wenn ich darum bitte. Was kann oder sollte ich dagegen tun?
Versuche herauszufinden, was der Grund dafür ist. Vielleicht liegt es an Zeitproblemen. Wenn dein/e Leiter/in auch diese Frage nicht beantwortet, kannst du das Thema auch in einer Teamsitzung zur Sprache bringen. Höchstwahrscheinlich haben andere Teammitglieder das gleiche Problem. In einer Teamsitzung könnt ihr es ansprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Erkläre auch, warum das Feedback für dich wichtig ist, z.B.: Ich möchte mich weiterentwickeln; ich möchte mehr Nutzen für das Unternehmen bringen. Eine gute Kommunikation ist am effektivsten. Wenn das nicht hilft, dann ist die letzte Konsequenz, es auf der nächsthöheren Hierarchieebene anzusprechen. Aber geh bitte nicht dorthin, um dich zu beschweren, sondern wirklich mit der Absicht, eine Lösung zu finden. Feedback ist wichtig und es gibt keinen Grund, warum es nicht stattfinden sollte.
4. Was ist die beste Vorgehensweise, wenn du einer Person immer wieder das gleiche Feedback gibst, sie aber nicht bereit ist, ihr Verhalten zu ändern?
Ich weiß nicht, ob du schon einmal versucht hast, ein Pferd zu bewegen, das sich nicht bewegen will. Es wird dir nicht gelingen. Die Bereitschaft ist Voraussetzung.
Wenn du die verantwortliche Führungskraft bist und es sich um einen deiner Mitarbeiter handelt, dann ist es wichtig, transparent zu sein. Die Devise lautet hier: Ändere es (wenn möglich), liebe/akzeptiere es (wenn es sich deiner Kontrolle entzieht) oder lass es (als logische Konsequenz). Zeigt die Person keine Bereitschaft, sich zu ändern, ist es wichtig, auf mögliche Konsequenzen hinzuweisen, bis hin zur Kündigung, vor allem, wenn der/die Beschäftigte dem Unternehmen mit seinem/ihrem Verhalten schadet.
Wenn ihr Kollegen auf der gleichen Ebene seid, ist das eine Herausforderung. Am besten sprichst du es transparent an und beziehst bei Bedarf auch einen Vorgesetzten ein, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Hinweis: Oft versuchen wir, anderen zu sagen, was sie ändern sollten, ihnen Tipps zu geben usw. Verwende stattdessen hochwertige Fragen. Denn gute Fragen sind unglaublich wirkungsvoll. Verwende offene Fragen wie z.B.: Wie hast du dich selbst wahrgenommen? Wie hast du die Situation wahrgenommen? Was denkst du, kannst du beim nächsten Mal besser machen? Diese Art von Fragen bringen dein Gegenüber zum Nachdenken. Das ist der beste Weg, um eine Veränderung zu initiieren.
5. Feedback führt die Idee von Gut und Falsch ein, ein Urteil, das von jemandem mit höherem Status/höherer Position kommt. Ist das nicht falsch? Wäre es nicht besser, eine Fehlerkultur zu fördern?
Eine Kultur der Fehler/Misserfolge ist sicherlich hilfreich, weil wir aus unseren Fehlern/Misserfolgen mehr lernen als aus unseren Erfolgen. Meiner Meinung nach schließt das eine das andere jedoch nicht aus oder steht nicht im Widerspruch zueinander. Die Idee und Haltung von Feedback ist nicht, zu urteilen. Im Gegenteil, es geht darum, genau das zu vermeiden. Denn was wir zurückmelden, ist unsere subjektive Wahrnehmung. Es gibt oft kein Richtig oder Falsch, auch wenn wir denken, dass die Art und Weise, wie wir die Dinge sehen, die einzig richtige ist. Außerdem findet das Feedback auf Augenhöhe statt, zumindest sollte das immer das Ziel sein. Es hat nichts mit der Hierarchieebene oder dem Status zu tun und sollte für alle gleichermaßen zugänglich sein, unabhängig von internen Strukturen und Hierarchien.
6. Gibt es Zeiten, in denen es unangemessen ist, Feedback zu geben?
Auf jeden Fall. Hier sind ein paar Beispiele: Mein Gegenüber will kein Feedback von mir. Mein Gegenüber befindet sich gerade in einem sehr emotionalen Zustand. Wir befinden uns in der Endphase eines Projekts, bei dem die Einhaltung von Terminen und das Erreichen von Zielen Priorität haben. Das Feedback ist ungeplant/unangekündigt. Andere Kollegen sind während des Feedbacks anwesend.